(Interview mit Nadja Will)
Über den think pink club:
Auf der Webseite www.think-pink.club finden Brustkrebserkrankte eine Plattform, die Austausch und Unterstützungsmöglichkeiten bietet. Der th!ink Pink Club möchte Unterstützer und Wegweiser sein, der mit breitem Erfahrungswissen und Expertentum aufwarten kann.
Der regelmäßig stattfindende ladies talk ist eine Selbsthilfegruppe der etwas anderen Art und findet sowohl online als auch regional statt. Neben der Expertenberatung werden MammaCare® Kurse angeboten oder Sportangebote von der Onkosport-Expertin.
Nadja Will hat den th!ink Pink Club nach ihrer eigenen Brustkrebsdiagnose gegründet und möchte ein Zeichnen gegen den Krebs und für das Leben setzen.
Liebe Nadja, 2018 habe ich dich kennengelernt. Wir waren gerade beide mit unseren Kindern zur Reha an der Ostsee und sind im November gemeinsam ins Meer gesprungen.
Schon damals hast du mir von deinen Ideen erzählt und deine Begeisterung für das Thema war deutlich spürbar. Man merkt, dass du für das brennst, was du tust.
Nun liest und hört man immer mehr von dir. Sag mir doch mal, wird das alles nicht manchmal auch ein wenig stressig oder überwiegt der Spaß und die Sinnhaftigkeit der Sache?
Stress ist für mich relativ. Man muss sich halt überlegen: Wo lege ich mein Herzblut und meine Energie rein? Und dafür gebe ich dann auch gerne Zeit. Von daher empfinde ich es nicht als negativen Stress. Die Sinnhaftigkeit der Sache ist für mich stets im Vordergrund. Ich bewege mich mittlerweile auch Stück für Stück weiter in die Richtung, dass ich nur noch für meine Herzensprojekte unterwegs sein darf. Und das fühlt sich richtig richtig gut an.
Was kann eine betroffene Frau tun, die von euch hört? Erstmal eine E-Mail schreiben? Oder sich gleich zum Ladies-Talk anmelden?
Es ist total unterschiedlich. Manche Frauen kennt man schon vorher und dann geht das ganz unkompliziert über WhatsApp. Ansonsten per Mail oder ich sage einfach, „komm doch mal in den Ladies Talk“. Es ist quasi wie ein Stern, du kannst von allen Seiten mal mit reingucken und schnuppern. Der Ladies Talk hat z. B. einen geschützten Q&A Bereich. Wir haben auch den Ladies Talk City oder den für metastasierte Frauen, den wir gemeinsam mit Claudia veranstalten.
Von daher gibt es ganz viele Wege uns zu kontaktieren und für uns ist jeder Weg in Ordnung. Wir wollen für die Erreichbarkeit einfach mega flexibel sein.
Wir haben auch eine Whatsapp-Gruppe. Dort gibt es auch noch mehr Themen als die, die wir nach außen tragen.
Magst du mal eine Geschichte erzählen, die dir im Zusammenhang mit dem th!ink pink club besonders in Erinnerung geblieben ist?
Es gibt so viele tolle Begegnungen.
Ich würde da gerne die eigentliche Geburtsstaunde des Clubs mal hervorheben, die ich mit dir gemeinsam erlebt habe, als wir zusammen in Grömitz auf Reha (Rexrodt von Fircks Stiftung) waren:
Du weißt bestimmt noch sehr gut, wie ich mit meiner Vision und Herzblut damals schon dabei war. Wir sind zusammen in die Ostsee gegangen. Und das war eigentlich die Situation:
Im November mit Mütze auf und mit pinkem Lippenstift haben wir uns die Brustkrebsschleifen auf den Rücken gemalt. Da sind wir mit fünf Mädels ins Meer gegangen, um uns einfach gegenseitig Halt zu geben, um zueinander zu stehen und um den Krebs zu versenken.
Ich muss sagen, das ist eine Situation, die ich jetzt hier gerne preisgebe, weil ich sie ganz direkt mit dir erlebt habe. Und wir uns da ja echt kennengelernt haben und auch noch weitere Shootings am Strand gemacht haben (lacht). Du bist da ja auch so crazy veranlagt wie ich. Deshalb möchte ich diese Antwort uns Beiden widmen, weil das ein ganz großes Fundament war für die Vision, die ich damals schon in mir getragen habe, aber noch nicht nach außen kreiert hatte. Dass man einfach mal zeigt: Hey, eine Community kann so viel gemeinsam schaffen und wenn es bei Minusgraden gemeinsam in die Ostsee zu stürmen ist.
Wie bist du mit Hürden umgegangen? Du hast manchmal von beruflichen und privaten Stolpersteinen berichtet.
Ich finde immer Stolpersteine oder auch so eine gewisse Art von Gegenwind sind häufig wie so ein kleiner Testlauf: „Wie ernst meint sie das denn?“ Ich empfinde das so, wenn das Universum (also ich bin ja nicht getauft oder so, aber ich glaube an das Universum) dir manchmal ein paar Hürden in den Weg baut. In der Klinik wurde ich anfangs wirklich belächelt und mein Vorhaben hat ganz viel Unruhe ausgelöst. Auch im privaten Bereich konnten viele Menschen mein Engagement nicht verstehen.
Weißt du, ich bin ja eine sehr affine Bergwanderin. Das ist so ungefähr das Gleiche. Es gibt immer Momente beim Bergaufsteigen, wo ich mir denke „Mein Gott, was machst du hier eigentlich?, aber dann gucke ich zurück und rufe mir meine Motivation wieder hervor.
In dem Moment, wo ich ein Ziel habe, habe ich mich für etwas entschieden. Wie ich zu dieser Entscheidung komme, mag ganz individuell sein. An den Stolpersteinen messe ich meine Ausdauer und meinen Willen, mein Ziel zu erreichen. Deswegen sind die Stolpersteine einfach herzlich willkommen, weil sie auf anderer Ebene ja auch einfach zeigen, wie ernst ich es meine.
Vielleicht wendet sich dann das Universum auch glücklich zu mir und sagt „Hey super!“ Wie früher, wo man Mutproben gemacht hat. „Ok, sie geht also über die Stolpersteine hinweg und geht trotzdem einfach weiter. Sie meint es offenbar unglaublich ernst und von daher kriegt sie dann nun einen richtig geilen ideellen Reichtum dafür“.
Stolpersteine sind dafür da, um sich zu rütteln und nochmal zu gucken, ob das der richtige Weg ist. Sie sind nicht negativ zu werten, sie gehören für mich einfach dazu. Sie lassen einen nochmal nachdenken und fördern das Fokussieren. Häufig sind Umwege auch mit die schönsten Wege, weil sie einfach eine Bereicherung darstellen.
Braucht ihr Unterstützung?
Wie kann sich jemand für den th!ink pink club einsetzen?
Wir haben verschiedene Mitgliedschaften: Zum Beispiel die für die Pink Ladies.
Wir haben Partner. Wir haben Botschafter. Wir haben Friends. Und wir haben ganz wichtig: Die Lebensretter. Im Fokus stehen natürlich immer die Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind. Gemeinsam mit ihren Lebensrettern können sie sich bei uns registrieren. Häufig werden Betroffene doch gefragt „Was kann ich für dich tun in dieser schweren Situation?“. Und so kann man sagen „Hey, ich schenke dir eine Mitgliedschaft im Think Pink Club und gehe mit dir dort hin“. Also so ein ideeller, ganz persönlicher Begleiter.
Unterstützung braucht es immer. Es gibt einige Menschen die sagen „Hey, ich unterstütze diese Vision!“
Die größte Unterstützung sehe ich im Bereich der Kommunikation und in der Öffentlichkeitsarbeit.
Wichtig ist für mich auch: Es geht nicht um Publicity. Es geht auch nicht um mein Gesicht. Es geht darum, dass ich seit über 20 Jahren als Anästhesieschwester in einem Krankenhaus arbeite. Tagtäglich sehe ich, wie schlecht die Menschen an der Basis versorgt sind, gerade wenn sie sich im onkologischen Bereich sich befinden. Es geht mir nicht darum, dass noch ein Filmchen gedreht wird, noch ein Teaser. Wir leben ja alle auch im real life und in diesem real life wünsche ich mir einfach mehr Unterstützung vom Gesundheitssystem. Eine Klinik ist ein absolutes Wirtschaftsunternehmen, wo tagtäglich ganz viele Menschen im onkologischen Bereich behandelt werden und häufig im persönlichen Bereich allein gelassen werden. Da wünsche ich mir viel mehr Unterstützung. Es benötigt da mehr Schnittstellen von der klinischen Seite zu Projekten wie beispielsweise uns oder anderen Selbsthilfeorganisationen.
Was tust du dir selbst Gutes, wenn es im Außen gerade mal alles zu viel wird? Hau doch mal ein paar gute Selbstfürsorge-Geheimtipps raus!
Erstes Gebot: Küsschen geben auf die Hand. Immer sich selbst lieben für das was gerade ist und für das, wo man gerade echt auch genervt von ist.
Zweites Gebot: Die Dinge einfach mal so annehmen. Nicht immer grübeln „Wieso, weshalb, warum, ach hätte ich doch“. Ne, das ist die Energie nicht wert. Lieber sagen: Gut, jetzt war es so. Ich lerne und ich ziehe meinen größten Benefit aus diesen Erfahrungen. Und beim nächsten Tun setze ich das dann um.
Drittens: Ich gehe raus. Raus. Raus. Raus in die Natur. Ich habe gestern gerade das Fellhorn erklungen mit unglaublich viel Schneemasse. Jeder hat irgendwie so einen Spirit. Ich bin einfach hier in den Alpen und Bergen glücklich. Andere haben andere schöne Dinge.
Sich selbst belohnen ist total wichtig. Also nicht im finanziellen Sinn, sondern sich selbst belohnen in puncto Zeit und Selbstfürsorge. Achtsam sein. Der eine malt, der andere liest. Einfach dem Naturell folgen: Was tut mir gut?
Selbstfürsorge ist ein großes Thema. Ich kann nur geben, wenn ich selbst voll bin. Von daher muss ich regelmäßig den Akku aufladen.
Ich denke drei sind gut, oder? Sonst fällt mir auch noch ganz viel mehr ein. (lacht)
Was plant der th!ink pink club für das Jahr 2021?
Wir wollen jetzt gemeinnützig werden.
Ein tolles Team haben wir bereits und möchten weiter ausbauen. Wir haben verschiedene Angebote und ein großes Spektrum an Mitgliedschaften, zum Beispiel den Ladies Talk in deiner Stadt/online/deutschlandweit/für metastasierte Frauen. Wir haben die Fotosessions, die wir in Deutschland anbieten möchten. Wir haben die MiniME-Time – eine Leseauszeit für Familien mit Kindern.
Wichtig ist mir, dass Frauen, die erkrankt sind, sich auf qualitativ wertvolle Informationen verlassen können.
Ich sage das und meine das ernst: Gemeinsam statt einsam. Heutzutage braucht man, wenn man Krebs hat, nicht mehr allein sein. Wichtig ist natürlich, dass derjenige auch möchte, dass er Unterstützung erfährt.
Und zu guter Letzt… sag uns doch mal, bei welchem Lied du gar nicht anders kannst, als gutgelaunt zu tanzen 🙂
(lacht) Ich würde sagen, „Like Ice in the Sunshine“ – kennst du das noch von Langnese? Ich selbst kann mir immer keine Liedernamen merken. Ich bin ganz vernarrt in Musik und kann ohne Musik nicht!
Es gibt eigentlich so viele Lieder- quer durch die Bank. Manchmal Rammstein, manchmal Pink. Es muss halt grooven. Es gibt auch so viele schöne deutsche Interpreten. Da verstehe ich wenigstens den Text (lacht).
Liebe Nadja, vielen Dank für deine Zeit!
Zum Schluss noch ein Bild, welches uns auf der Tanzfläche zeigt: (mit Odette, Silvia, Judith, Mandy J.,…)